Das Kernkraftwerk Hinkley Point nahe Bridgwater, Somerset, im Südwesten von England am Bristolkanal hat keine aktiven Reaktoren, sondern besteht aus den beiden stillgelegten Anlagenteilen Hinkley Point A und Hinkley Point B mit den Reaktoren A1, A2, B1 und B2 und dem in Bau befindlichen Hinkley Point C mit den Reaktoren C1 und C2.
Kernkraftwerk Hinkley Point | ||
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![]() rechts Hinkley Point B rechts Hinkley Point B | ||
Lage | ||
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Koordinaten | 51° 12′ 29″ N, 3° 7′ 48″ W51.207958858308-3.1299877166748 | |
Land | Großbritannien | |
Daten | ||
Eigentümer | Hinkley Point A: Nuclear Decommissioning Authority Hinkley Point B: British Energy | |
Betreiber | Hinkley Point A: Magnox Electric Limited Hinkley Point B: British Energy | |
Kommerzieller Betrieb | 30. März 1965 | |
Aktive Reaktoren (Brutto) |
0 (0 MW) | |
Stillgelegte Reaktoren (Brutto) |
4 (1844 MW) | |
Reaktoren in Bau (Brutto) |
2 (3440 MW) | |
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme | 301.925 GWh | |
Website | Hinkley Point B (englisch) Hinkley Point C (englisch) | |
Stand | 1. August 2022 | |
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. |
Im März 2013 wurde die Erweiterung von Hinkley Point um zwei weitere Reaktoren (Hinkley Point C1 und C2) mit zusammen 3260 MW genehmigt. Beim Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Großbritannien im Oktober 2015 wurde ein Vertrag unterzeichnet, laut dem sich der chinesische Staatskonzern China General Nuclear Power Group mit einer Summe von 6 Milliarden britischen Pfund (6,8 Mrd. Euro) an den damals mit ca. 18 Milliarden britischen Pfund (20,4 Mrd. Euro) kalkulierten Baukosten beteiligte. Die übrigen Kosten trägt der französische Konzern EDF.[1] Nach mehreren Kostensteigerungen und Verzögerungen beim Bau ging EDF im Mai 2022 von Baukosten in Höhe von 25 bis 26 Mrd. Pfund (28,3 bis 29,4 Mrd. Euro) und einer Inbetriebnahme frühstens im Jahr 2027 aus.[2]
Nach der ökonomisch motivierten Aufgabe der Kernkraftwerksprojekte Wylfa und Cumbria durch Toshiba und Hitachi ist es der einzig verbliebene Kernkraftwerksneubau in Großbritannien.[3]
Die beiden Kernreaktoren von Hinkley Point A waren Magnox-Reaktoren mit einer Nettoleistung von je 235 MWe (Bruttoleistung je 267 MWe).
Der Bau beider Blöcke wurde am 1. November 1957 begonnen. Am 16. Februar 1965 wurde Hinkley Point-A1 erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert und am 19. März 1965 Hinkley Point-A2. Am 30. März 1965 nahm Block A1 erstmals den kommerziellen Leistungsbetrieb auf, am 5. Mai 1965 Block A2.
Am 23. Mai 2000 wurde Hinkley Point A stillgelegt,[4] während der Betriebszeit wurden dort etwa 103 TWh Strom produziert.[5]
Die Anlage steht auf einem 19,4 Hektar großen Gelände.[6] Von 1965 bis 1989 gehörte die Anlage dem „Central Electricity Generating Board“ (CEGB). Von 1989 bis 1994 war sie im Besitz der Nuclear Electric plc. Von 1994 bis 1998 gehörten die Reaktoren der Magnox Electric plc, von 1998 bis 2004 der British Nuclear Fuels plc. Seit 2004 gehört die Anlage im Zuge der Stilllegung der Nuclear Decommissioning Authority.[7]
Die Reaktordruckbehälter waren die größten aller britischen Magnox-Reaktoren. Nach der Abschaltung mussten 71.828 Brennelemente nach Sellafield gebracht werden.[8]
Während der Bauphase im Jahr 1961 urinierte ein Bauarbeiter gegen eine der Rohrleitungen. Dies hatte zur Folge, dass die entsprechenden Leitungen, durch welche während der Betriebsphase die radioaktiven Abwässer flossen, zu rosten begannen und deswegen 1986 die Anlage für zehn Tage stillgelegt werden musste, um die Leitungen für umgerechnet damals rund 4,5 Millionen DM zu erneuern.[9]
Die beiden Reaktoren der Anlage Hinkley Point B sind vom Typ Advanced Gas-cooled Reactor (AGR). Beide haben eine Bruttoleistung von 655 MWe. Block B1 besitzt eine Nettoleistung von 410 MW, Block B2 eine Nettoleistung von 430 MW.
Der Bau beider Blöcke wurde am 1. September 1967 begonnen. Am 5. Februar 1976 wurde Hinkley Point-B2 erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert, am 30. Oktober 1976 Block B1. Am 27. September 1976 ging Block B2 in den kommerziellen Leistungsbetrieb, am 2. Oktober Block B1.[4] Die beiden Reaktoren benötigen 40 bis 45 Kubikmeter Wasser pro Stunde.[10] Die Abschaltung der beiden Blöcke war laut Betreiber für 2016 vorgesehen; im März 2013 berichtete BBC, die Stilllegung sei erst im Jahr 2023 geplant.[11][12]
2003 fiel ein Arbeiter von einem acht Meter hohen Gerüst in der Turbinenhalle und brach sich das Becken. Er musste 20 Minuten warten, bis er nach Taunton ins Krankenhaus gebracht wurde. Daraufhin traten 350 Arbeiter aus dem vorübergehend geschlossenen Reaktor in Streik, blockierten die Einfahrt zum Kraftwerk und forderten bessere Ambulanzdienste in der Anlage.[13]
Im Oktober 2006 wurden die Reaktoren Hinkley Point-B1 und B2 sowie die Reaktoren Hunterston-B1 und B2 vorläufig heruntergefahren, um die Rissbildung innerhalb der Reaktoren zu überprüfen. So konnte die bis dahin für 2011 vorgesehene Abschaltung auf 2017 verschoben werden. Im Mai 2007 fuhren die Reaktoren wieder an.[14][15] British Energy ging davon aus, für die Laufzeitverlängerung 90 Millionen Pfund ausgeben zu müssen. Die ungeplanten Ausfälle in Hinkley Point B und Hunterston B führten zu einem Verlust von 9,4 Mrd. kWh und waren der Hauptgrund für die geringe im Geschäftsjahr 2006/2007 produzierte Menge Atomstrom.[16] Im November 2020 kündigte EDF an, die beiden Blöcke von Hinkley Point B bis spätestens am 15. Juli 2022 stillzulegen,[17] am 6. Juli 2022 wurde Reaktor B2 abgeschaltet und ging in die Defueling-Phase, während B1 am 31. Juli noch 476 MW Bruttoleistung produzierte.[18][19] Der Reaktor B1 wurde am 1. August 2022 abgeschaltet.[20]
In Bau sind mit Stand 2019 zwei weitere Reaktoren vom Typ EPR. Im März 2013 erhielt Électricité de France (EDF) die Genehmigung für den Bau eines neuen Kraftwerks. Da der Bau aufgrund der hohen Investitionskosten wirtschaftlich nicht rentabel ist, hatte EDF als Bedingung für einen Bau staatliche Subventionen in Form eines garantierten Stromabnahmepreises verlangt, über den bis Oktober 2013 mit der Regierung verhandelt wurde. Laut BBC würde ein garantierter Mindestpreis unterhalb von 90 Pfund/MWh dazu führen, dass das Kernkraftwerk Verluste schreibt.[12][21][22][23] Insgesamt wird das Kraftwerk mit 100 Milliarden € durch Großbritannien subventioniert.[24]
Am 21. Oktober 2013 gab EDF Energy, eine britische Tochtergesellschaft der Électricité de France, bekannt, ihr französisch-chinesisches Konsortium habe mit der britischen Regierung in einem „accord de principe“ (etwa: Grundsatzvereinbarung)[25] vertraglich vereinbart, für 16 Milliarden Pfund Sterling (GBP; zu dieser Zeit ca. 19 Milliarden Euro) zwei Druckwasserreaktoren mit einer gemeinsamen Nettoleistung von 3200 MW (Bruttoleistung 3260 MW) errichten zu lassen.[26] Der letzte Kernreaktor in Großbritannien wurde 1995 in Betrieb genommen. Dem Konsortium gehören neben der französischen EDF mit 40 bis 50 % und dem Kraftwerksbauer Areva mit 10 %, die chinesischen Unternehmen CGN (Guangdong Nuclear Power Corporation Holding) und CNNC (China National Nuclear Corporation) mit einem Anteil von zusammen 30–40 % an,[27] eine Beteiligung von Staatsfonds aus Kuwait und Katar wurde diskutiert.[28]
Um das Projekt für das Konsortium rentabel zu machen, sagte die Regierung Cameron I ihm für 35 Jahre ab Inbetriebnahme eine garantierte Einspeisevergütung in Höhe von 92,5 Pfund/MWh plus einem jährlichen Inflationsausgleich auf Preisbasis 2012 zu (derzeit 105 Euro/MWh[29]). Zum Ende des Jahres 2021 würde die Einspeisevergütung 112,7 Pfund/MWh[30] entsprechen. Dies war vor Indexierung das Doppelte des durchschnittlichen englischen Strompreises 2013[31] und lag damals unterhalb der Einspeisevergütung für große Photovoltaik- und Offshore-Windkraftanlagen, jedoch oberhalb der von Onshore-Windkraftanlagen.[32] Zusätzlich wurde eine staatliche Kreditgarantie in Höhe von 10 Mrd. Pfund (11,8 Mrd. Euro) gewährt, um die Finanzierungskosten zu senken. Die Kernreaktoren sollten (laut damaliger Planung) 2023 ans Netz gehen und voraussichtlich 60 Jahre laufen.[33][34] Sollten die Kernreaktoren aufgrund ausschließlich politischer Umstände abgeschaltet werden müssen, werden die Betreiber für den entgangenen Ertragsausfall durch die Regierung finanziell entschädigt.[35] EU-Energiekommissar Günther Oettinger bezeichnete die Vergütungszusagen als „sowjetisch“.[36]
Da die britische Regierung eine Förderung durch drei Maßnahmen – in Form einer garantierten Einspeisevergütung (einschließlich Inflationsausgleich) mittels Contract for Difference (CfD), durch Kreditgarantien und eine Absicherung vor politisch motivierten Abschaltungen durch ein Secretary of State Agreement – eine als Beihilfe zu qualifizierende Subvention gewährt,[37] mussten diese von der EU genehmigt werden.[38] Im Dezember 2013 leitete EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia eine Untersuchung dazu ein. Neben der generellen Prüfung, ob es sich bei der Förderung um eine unzulässige Subvention handelt, solle geprüft werden, ob die Förderungsbedingungen verhältnismäßig und alternativlos sind.[39]
Am 8. Oktober 2014 teilte die EU-Kommission mit, geänderte britische Fördermaßnahmen für Hinkley Point C seien mit EU-Recht vereinbar.[40][41] Gegen diese Entscheidung legte die Elektrizitätswerke Schönau Vertriebs GmbH Beschwerde ein.[42][43] Auch baden-württembergische Stadtwerke wollen klagen.[44] Die Kritik richtet sich auch gegen eine Ungleichbehandlung der Förderung von erneuerbaren Energien, für die anders als für den Strom aus Hinkley Point C nach den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission in Zeiten negativer Preise keine Förderung gewährt werden darf.[45]
Zugleich wurde bekannt, dass die Kosten deutlich höher prognostiziert werden als zuvor kommuniziert. Statt der ursprünglich angegebenen 16 Mrd. Pfund sollen die Baukosten nun mindestens 24,5 Mrd. Pfund (27,7 Mrd. Euro) betragen, die durch die EU-Kommission genehmigte Höchstsumme liegt bei 34 Mrd. Pfund (38,5 Mrd. Euro).[46] Das entspricht dem von der EU-Kommission erwarteten Kapitalbedarf.[47] Ursprünglich (2005) sollte ein neuer EPR dieser Leistungsklasse schlüsselfertig 3 Mrd. Euro kosten.[48] Das Projekt in Hinkley liegt damit um den Faktor 7 über den Kosten-Planungen aus dem Jahre 2005 zu den Kosten eines EPR mit 1600 MWe.
400 Projekt-Mitarbeitern drohte im April 2015 die Kündigung, weil die Planungsarbeiten praktisch abgeschlossen waren und EDF noch keine endgültige Entscheidung für oder gegen das Projekt getroffen hatte.[49][50] Für die beiden geplanten Reaktoren müssten auch neue Stromleitungen gebaut werden.[51]
Ende April 2015 erklärte der damalige österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), eine Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss sei fertig und werde in einigen Wochen beim Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg eingebracht werden: „Wir klagen gegen die Entscheidung der EU-Kommission, dass Großbritannien mit Steuermitteln den teuren Ausbau eines Atomkraftwerks finanzieren darf.“[52] Im Juli 2015 wurde die Klage eingebracht.[53] Am 12. Juli 2018 urteilte der EuGH, Großbritannien dürfe seinen Energiemix selbst bestimmen.[54]
Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages führte am 17. Juni 2015 eine öffentliche Anhörung zur Frage durch, ob Deutschland ebenfalls Klage gegen die Kommissionsentscheidung erheben soll.[55]
Im September 2015 teilte EDF mit, es werde im Oktober 2015 eine endgültige Investitionsentscheidung geben. Im Falle einer positiven Entscheidung sei die Inbetriebnahme erst nach 2023 möglich.[56] Im Januar 2016 verschob EDF die Investitionsentscheidung erneut.[57]
Am 25. September 2015 reichte Greenpeace Energy Klage gegen die Entscheidung der EU-Kommission ein,[58] die im Oktober 2017 endgültig abgewiesen wurde.[59]
Anfang März 2016 trat der EDF-Finanzvorstand Thomas Piquemal zurück. Grund dafür waren offenbar Zweifel an der Finanzierbarkeit von Hinkley Point C.[60][61] EDF teilte in diesem Zusammenhang mit, die endgültige Investitionsentscheidung solle in „naher Zukunft“ fallen.[62][63][64]
Im März 2016 mahnte der Cour des Comptes, der französische Rechnungshof, EDF solle sich „ernsthafte Fragen“ stellen, bevor es die Planung von Hinkley Point C fortsetze.[65][66][67]
Am 22. März 2016 wurde bekannt, die für Ende März 2016 angekündigte Investitionsentscheidung werde auf Mai 2016 verschoben.[68]
Im April 2016 wurde bekannt, dass im Zusammenhang mit dem Kraftwerksbau in London sieben chinesische Firmen gegründet worden sind. Von chinesischer Seite wurde dazu nur erklärt, sie seien für die Abwicklung des Vorhabens erforderlich und man arbeite nach der grundsätzlichen Übereinkunft nun an der langfristigen Umsetzung. Ein endgültiger Vertrag sei aber noch nicht unterschrieben.[69]
Ende April 2016 teilte der damalige französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron mit, die Finanzierungsentscheidung sei auf September 2016 verschoben.[70][71] Kurz danach belegte die französische Regierung EDF mit einer 60-tägigen Beratungs-Periode; diese endete am 4. Juli 2016.[72]
Am 23. Juni 2016 fand das Referendum über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU statt. 51,9 Prozent der Abstimmenden befürworteten einen Brexit. Dies impliziert neue Unwägbarkeiten für das Bauprojekt.[73][61] Am 29. März 2017 startete Großbritannien offiziell den Austrittsprozess.
Im Juli 2016 wurde durch das britische Energieministerium bekannt, dass die Kosten für den Betrieb des Kraftwerks über seinen gesamten Betriebszeitraum 37 Milliarden britische Pfund betragen würden. Ein Jahr zuvor waren die Kosten noch mit 14 Milliarden Pfund beziffert worden. Dies ließ Fragen nach der Finanzierung des Betriebs laut werden, die vom britischen Energieministerium mit dem Hinweis darauf beantwortet wurden, dass in den Preiskalkulationen für den erzeugten Strom so gewählt worden seien, dass steigende Kosten nicht zu Lasten der Steuerzahler gingen. EDF unterstützte diese Ansicht mit dem Hinweis darauf, dass diese Kostenschätzung auf dem Stand von September 2015 basiere, wo die Großmarktpreise für Strom extrem niedrig waren, und dass man bei Produktionsaufnahme konkurrenzfähige Strompreise anbieten werde.[74][75] Das National Audit Office warnte kurz nach dem Bekanntwerden dieser Zahl, dass die Zuschüsse, die vom Staat an EDF gezahlt werden müssen, um fallende Großhandelspreise auszugleichen, von den 6,1 Milliarden britischen Pfund im Oktober 2013 auf 29,7 Milliarden im März 2016 angewachsen seien. Das britische Engergieministerium entgegnete darauf, dass diese Zahl eine Schätzung sei, dass die Kosten des Kraftwerks noch immer 18 Milliarden britische Pfund betrügen und dass weder auf die Steuerzahler noch die Verbraucher höhere Zusatzzahlungen zukämen.[76]
Die vier für EDF repräsentativen französischen Gewerkschaften (CGT, CFDT, CFE-CGC und FO) äußerten Mitte 2016 die Befürchtung, das Hinkley-C-Projekt könne das schon jetzt mit 37 Milliarden Euro verschuldete Unternehmen EDF finanziell ruinieren.[72][77][78] Für den 22. September 2016 wurde eine Sitzung des „comité central d’entreprise“ von EDF terminiert.[78]
Im Juli 2016 erklärte der britische Rechnungshof National Audit Office (NAO), dass es billiger sei, erneuerbare Energien einzusetzen als Hinkley Point C zu bauen.[79]
In Zusammenhang mit dem geplanten Bau von Hinkley Point C durchsuchten französische Behörden im Juli 2016 die EDF-Zentrale. Die Finanzmarktaufsicht warf EDF vor, Informationen über die Finanzlage des Unternehmens insgesamt sowie insbesondere die Kosten des Reaktorbaus nicht offengelegt zu haben.[80]
Am 28. Juli 2016 entschied sich EDF dafür, das Kraftwerk zu bauen. Kurz vor der Sitzung, auf der der Beschluss getroffen wurde, war ein Verwaltungsrat von EDF zurückgetreten.[81] Die Verträge zum Bau sollten einen Tag später in einem Festakt unterzeichnet werden, hierzu war bereits eine Delegation ebenfalls am Projekt beteiligter chinesischer Unternehmen angereist. Die Regierung May sagte die Vertragsunterzeichnung aber kurzfristig und ohne Angabe von Gründen ab. Laut Greg Clark, Minister für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie, wolle die Regierung May erneut die Vereinbarungen prüfen und im Herbst 2016 eine endgültige Entscheidung treffen.[82][83] Anfang September 2016 wurde bekannt, dass fünf Mitglieder des Vorstandes von EDF gegen die Entscheidung, Hinkley Point C zu bauen, klagen, da sie zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht ausreichend informiert gewesen seien.[84] Daneben wurde bekannt, dass die UN-Espoo-Kommission eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung für Hinkley Point C fordert.[84]
Am 15. September 2016 entschied die britische Regierung, das Projekt fortzusetzen.[85][86]
Anfang 2017 wurde bekannt, dass sich Toshiba und Engie aus dem Projekt zurückziehen wollen.[87] Toshibas Kernenergie-Tochterunternehmen meldete im März 2017 Insolvenz an.
Laut einem Bericht der University of Sussex (2016) soll in dem Projekt militärische Forschung betrieben werden. Da die genehmigte Summe von 31 Milliarden Pfund zur Erneuerung der britischen Trident Atom-U-Boot-Flotte nicht ausreichend ist, soll ein Teil der Kosten im zivilen Sektor untergebracht werden. Forschungsergebnisse aus den Reaktoren von Hinkley Point C sollen in den neuen Reaktortyp der Atom-U-Boote fließen.[88]
Im März 2017 forderte die UNECE (Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa) Großbritannien auf, alle Arbeiten an dem Reaktor einzustellen, bis die Regierungen anderer Länder, wie Deutschland und die Niederlande und Norwegen, Stellung dazu genommen hätten, ob sie über die möglichen grenzüberschreitenden Probleme des Reaktors informiert werden möchten. 2016 hatte die Kommission bereits dazu aufgefordert, dass die britische Regierung den Bau mit den Nachbarstaaten besprechen sollte. Ein Sprecher für EDF erklärte, eine Prüfung hätte ergeben, dass eine grenzüberschreitende Beeinträchtigung nicht zu erwarten sei. Es wurde vermutet, dass die Rüge für die Nichteinhaltung der Richtlinien zur Einbeziehung anderer Länder in den Bau derartiger Anlagen Auswirkungen auf Erdarbeiten oder den Bau eines Anlegers an der Anlage haben wird.[89]
Im Juli 2017 wurde bekannt, die Fertigstellung werde um mindestens 15 Monate länger dauern und das Projekt 1,6 Milliarden Pfund mehr kosten.[90]
Im Mai 2022 kündigte EDF zum vierten Mal binnen fünf Jahren einen Anstieg der Baukosten sowie eine spätere Inbetriebnahme an. Nachdem zuvor Baukosten von 22 bis 23 Mrd. Pfund (24,9 bis 26 Mrd. Euro) erwartet und eine Inbetriebnahme 2026 angestrebt wurden, soll das Kraftwerk nun zwischen 25 und 26 Mrd. Pfund (28,3 bis 29,4 Mrd. Euro) kosten und frühstens im Juni 2027 in Betrieb gehen.[2]
Der erste sicherheitsrelevante Beton für die Versorgungsstollen des Blocks C-1 wurde am 31. März 2017 gegossen.[91] Am 11. Dezember 2018 wurde der erste Beton für das Fundament des nuklearen Kraftwerkteils vom Block C-1 gegossen.[92][93] Dies gilt üblicherweise als offizieller Beginn des Kraftwerksbaus (engl. First Concrete).
Die kommerzielle Inbetriebnahme der Blöcke war im Jahr 2018 für das Jahr 2025 geplant.
Mit Stand 2019 ist der ursprünglich von der Regierung angedachte Baubeginn der beiden Reaktoren 8 Jahre in Verzug, zudem ist das ursprünglich vorgesehene Budget bereits um Milliarden überschritten. Die garantierte Einspeisevergütung von 92,50 Pfund war zu diesem Zeitpunkt bereits bei weitem höher als die Vergütung für Strom aus Offshore-Windparks in Höhe von 57,50 Pfund.[3] Im September 2019 sollten die Baukosten 21,5–22,5 Milliarden Pfund und damit 1,9–2,9 Milliarden Pfund mehr kosten als bei der letzten Kalkulation. Nachdem die EDF die Zahlen bekanntgegeben hatte, fiel der Aktienkurs 7 %.[94]
Im Mai 2022 gab EDF eine weitere Kostensteigerung und spätere Fertigstellung bekannt. Nach aktueller Planung steigen die Kosten um ca. 3 Milliarden auf 25–26 Milliarden Pfund. Die Fertigstellung des ersten Blocks wird jetzt im Juni 2027 erwartet.[95][96]
Zum ersten Mal in der Geschichte der britischen Kernindustrie wurde vereinbart, dass am Ende der voraussichtlichen Betriebszeit 2083 die Betreiber den Rückbau des Kraftwerkes und die Entsorgung der dabei anfallenden Abfälle übernehmen müssen. Die britische Regierung stellte dazu am 29. September 2016 die Regelungen vor, die EDF erfüllen muss, wenn das Kernkraftwerk außer Betrieb geht und wie die Kosten erbracht werden sollen. Die Kosten, für die die Betreiber aufkommen müssen, werden auf bis zu 7,2 Milliarden britische Pfund geschätzt. Das Ende des Rückbaus wird für das Jahr 2138 mit der Entsorgung der letzten verbrauchten Brennstäbe erwartet. Experten nehmen an, dass die genannten Kosten sehr niedrig angesetzt sind, da sich in der Realität der aktuellen Entsorgung zeigt, dass die Kosten höher sind als vorher angegeben.[97][98]
Ende Oktober 2016 wurde bekannt, dass die britische Regierung den Betreibern eine unbekannte Obergrenze für die Entsorgungskosten am Ende der Betriebszeit zugesichert hat: Eventuell höhere Kosten werde der Staat übernehmen. Diese Zusicherung wurde der Öffentlichkeit etwa ein Jahr lang vorenthalten.[99]
Die folgenden Bilder zeigen einen Transport von radioaktivem Abfall vom Kernkraftwerk Hinkley Point nach Sellafield.
Das Kernkraftwerk Hinkley Point hat insgesamt sechs Blöcke:
Reaktorblock[4] | Reaktortyp | Nettoleistung | Bruttoleistung | Baubeginn | Netzsynchronisation | Kommerzieller Betrieb | Abschaltung |
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Hinkley Point-A1 | Magnox-Reaktor | 235 MW | 267 MW | 01.11.1957 | 16.02.1965 | 30.03.1965 | 23.05.2000 |
Hinkley Point-A2 | Magnox-Reaktor | 235 MW | 267 MW | 01.11.1957 | 19.03.1965 | 05.05.1965 | 23.05.2000 |
Hinkley Point-B1 | AGR | 410 MW | 655 MW | 01.09.1967 | 30.10.1976 | 02.10.1978 | 01.08.2022[20] |
Hinkley Point-B2 | AGR | 430 MW | 655 MW | 01.09.1967 | 05.02.1976 | 27.09.1976 | 06.07.2022[18] |
Hinkley Point-C1 | EPR | 1600 MW | 1720 MW | 11.12.2018[92] | (Juni 2027 geplant)[96] | ||
Hinkley Point-C2 | EPR | 1600 MW | 1720 MW | 12.12.2019[92] |
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Geplant / in Bau | |
In Betrieb |
Hartlepool • Heysham • Sizewell B • Torness |
Außer Betrieb |
Berkeley • Bradwell • Calder Hall • Chapelcross • Dounreay • Dungeness A, B • Hinkley Point A, B • Hunterston A, B • Oldbury • Sizewell A • Trawsfynydd • Windscale • Winfrith • Wylfa |