Das Kernkraftwerk Olkiluoto [ˈɔlkiluɔtɔ] liegt auf der Insel Olkiluoto an der Westküste Finnlands in der Gemeinde Eurajoki rund 25 Kilometer nördlich der Stadt Rauma. Dort befindet sich auch das nukleare Endlager Olkiluoto.
Kernkraftwerk Olkiluoto
Das Kernkraftwerk Olkiluoto mit EPR (links) und BWR-2500 (Mitte und rechts) Das Kernkraftwerk Olkiluoto mit EPR (links) und BWR-2500 (Mitte und rechts)
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.
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Blöcke 1 und 2 – Siedewasserreaktoren
Blöcke 1 und 2
Allgemeines
In Finnland sind derzeit (Stand Januar 2022) vier Kernreaktoren im kommerziellen Betrieb, davon zwei WWER sowjetischer Bauart in Loviisa und zwei Siedewasserreaktoren in Olkiluoto. Letztere haben eine Nettoleistung von 880bzw. 860Megawatt und werden von der Gesellschaft Teollisuuden Voima Oyj (TVO) betrieben. Der Block1 wurde zum ersten Mal am 21.Juli 1978 kritisch, der Block2 folgte am 13.Oktober 1979. Die Reaktoren sind seit 1979 bzw. 1982 im kommerziellen Betrieb. Die beiden Siedewasserreaktoren sind vom Typ BWR-2500.[1]
Sicherheit
Im Oktober 2012 wurden Ergebnisse aus einem Stresstest veröffentlicht, den die EU nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima durchführen ließ.[2] Zu den besonders kritisierten Kernkraftwerken zählte dabei neben dem Kernkraftwerk Forsmark in Schweden das Kernkraftwerk Olkiluoto. Demnach bliebe z.B. den Bedienungsmannschaften in diesen Kraftwerken weniger als eine Stunde Zeit, um eine unterbrochene Stromversorgung zur Aufrechterhaltung der zwingend notwendigen Reaktorkühlung wiederherzustellen.[3][4]
Am 10. Dezember 2020 kam es zu einer Notabschaltung des Reaktors von Block 2, nachdem eine erhöhte Strahlung gemessen worden war. Der Betreiber des Kernkraftwerks führte die Störung auf einen Defekt der Aufbereitungsanlage des Kühlwassers zurück. Die finnische Strahlenschutzbehörde STUK wertete die Situation als ernste Störung, auch wenn zu keinem Zeitpunkt Beschäftigte oder die Bevölkerung gefährdet waren.[5][6][7]
Block 3 – Europäischer Druckwasserreaktor (EPR)
Block 3Das Infozentrum des Kernkraftwerks
2003 begann die Ausschreibung über den Reaktorblock3. Unter anderem waren die französische Areva und auch das russische Unternehmen Atomstroiexport an der Ausschreibung beteiligt. Atomstroiexport legte Pläne für einen WWER-1000/466 in Form eines AES-91 mit erweiterter Sicherheitseinrichtung für etwa 800 bis 900 Millionen US-Dollar vor. Die französische Areva jedoch brachte einen 1600MW starken Reaktor vom Typ EPR zum Angebot. Ende 2003 wurde der Auftrag für Block3 dann an Areva vergeben.[8][9][10]
Bauzeit und Kosten
Block 3 wurde in Olkiluoto seit dem 12. August 2005[11] von Areva NP (heute Framatome) und Siemens (konventioneller Kraftwerksteil) errichtet. Es handelt sich um den ersten Reaktor dieses Typs. Der Kaufpreis wurde ursprünglich schlüsselfertig auf etwa 3 Milliarden Euro[12] angesetzt. Bereits im ersten Baujahr kam es jedoch zu erheblichen Verzögerungen. So wurde z.B. beim Herstellen der ersten Fundamente nicht der Spezifikation entsprechender Beton verarbeitet und zusätzliche Nachweise nötig, um die vorgegebene Festigkeit zu garantieren.[13][14]
2008 wurden die Baukosten auf 4,5 Milliarden Euro geschätzt.[15]
2009 wurden die Baukosten auf 5,47 Milliarden Euro geschätzt.[16]
Ende 2006 prognostizierte die Betreiberfirma eine Betriebsaufnahme frühestens 2011.
Im Oktober 2008 wurde ein Betriebsbeginn im Jahr 2012 angestrebt.[17][18]
Die Netzsynchronisation wurde im Juni 2010 für 2013 angestrebt.[19]
Im Oktober 2011 wurde der Termin auf 2014 verschoben.[20] Die prognostizierten Baukosten von nunmehr 6,6 Milliarden Euro[21] sind mittlerweile mehr als doppelt so hoch wie die ursprünglich veranschlagten 3 Milliarden Euro.
Im Juli 2012 gab die Betreiberfirma bekannt, dass auch 2014 nicht mit einer Fertigstellung gerechnet werden kann. Ein neuer Termin wurde zunächst nicht genannt.[22] Areva gab im Dezember 2012 einen Inbetriebnahmetermin im Jahr 2015 an. Gleichzeitig veranschlagte der Areva-Vertreter die Gesamtkosten mit 8,5 Milliarden Euro.[23]
Anfang 2013 wurde erklärt, dass sich die Inbetriebnahme auf 2016 verschieben würde.[24]
Anfang 2014 ließ der Areva-Konzern einen Termin verstreichen, an dem die neue Fertigstellungsprognose veröffentlicht werden sollte.[25]
Im September 2014 gab Areva bekannt, dass der Reaktor erst Ende 2018 den Betrieb aufnehmen könne.[26]
Im April 2015 schrieb die Zeitung Die Welt, dass die Baukosten auf ungefähr neun Milliarden Euro geschätzt werden.[27]
Nach dem Ende des Geschäftsjahres 2014 tätigte AREVA Abschreibungen in Höhe von 720 Millionen Euro für das Projekt und verbuchte für 2014 einen Verlust in Höhe von 4,834 Mrd. Euro.[28]
Im Dezember 2015 gab der zukünftige Betreiber TVO bekannt, dass die Anlage Ende 2018 in Betrieb gehen solle.[29]
Im Mai 2016 berichtete der öffentlich-rechtliche finnische Nachrichtenkanal YLE, dass die Verhandlungen zwischen TVO und Areva über einen Vergleich der Teilung der Mehrkosten abgebrochen wurden: TVO verklagte Areva auf 2,6 Milliarden € Schadensersatz bezüglich der Verspätung – Areva verklagte TVO auf 3,4 Milliarden € der Mehrkosten.[30]
Im Juni 2017 wurden erste Kalttests durchgeführt; im Herbst 2017 sollten Warmtests folgen. Die Erteilung der Betriebsbewilligung war für Anfang 2018 geplant.[31]
Im Oktober 2017 wurde verkündet, dass sich die Inbetriebnahme um weitere Monate verzögern wird und erst im Mai 2019 stattfinden soll, 10 Jahre später als bei Baubeginn im Jahr 2005 ursprünglich geplant.[32]
Im März 2018 einigte sich der Betreiber TVO mit Areva und Siemens auf einen Schadensersatz wegen der Verspätung. Nach Auskunft von TVO bezahlen Areva und Siemens insgesamt 450 Millionen €. Die Entschädigung erhöht sich um weitere 400 Millionen €, wenn das Projekt nicht bis Ende 2019 fertiggestellt wird.[33]
Im November 2018 wurde die Inbetriebnahme auf Januar 2020 verschoben.[34]
Am 7. März 2019 erhielt der Reaktorblock seine Betriebsgenehmigung von der finnischen Regierung. Nach Stand vom März 2019 sollte im Juni mit dem Laden des ersten Kernbrennstoffs begonnen und im Oktober sollte die erste Netzsynchronisation erfolgen. Ab Anfang 2020 war der kommerzielle Leistungsbetrieb und die Übergabe der Anlage geplant.[35]
Am 10. April 2019 wurde das Laden des Brennstoffs auf frühestens Ende August verschoben.[36]
Nach dem Zeitplan vom Juli 2019 soll das Laden des Brennstoffs im Januar 2020 beginnen. Die Netzsynchronisation ist für April und der kommerzielle Betrieb für Juli 2020 vorgesehen.[37]
Im Dezember 2019 wurde das Laden des Brennstoffs auf den Sommer 2020, die Netzsynchronisation auf November 2020 und der kommerzielle Betrieb auf März 2021 verlegt.[38]
Im August 2020 wurde das Laden des Brennstoffs auf März 2021 und die Netzsynchronisation auf Oktober 2021 verlegt. Als Grund wurden sowohl Probleme mit Tests und Ersatzteilen als auch die Covid-19-Pandemie genannt. Die kommerzielle Stromerzeugung wurde für Februar 2022 erwartet.[39][40]
Am 26. März 2021 hat die Nuklearaufsicht STUK die Genehmigung zur Beladung mit Brennstoff erteilt. Damit gilt das Kraftwerk als fertiggestellt.[41]
Am 23. August 2021 wurde bekannt, dass sich die Inbetriebnahme durch längere Arbeiten an der Turbine verzögert.[42]
Am 16. Dezember 2021 hat die STUK den Beginn der Kernreaktion durch einen progressiven Aufstieg der Leistung (5%, 30%, 60%) genehmigt.[43]
Am 21. Dezember 2021 erreichte der Reaktor das erste Mal die nukleare Kritikalität (Englisch: first criticality).[44]
Am 14. Januar 2022 und 29. Januar 2022 kam es jeweils zu einer Reaktorabschaltung. Stand Anfang Februar 2022 sollte der Reaktor im Juli 2022 regulär Strom erzeugen.[45]
Am 12. März 2022 erfolgte die Netzsynchronisation.[46]
Stand Juni 2022 soll nach Problemen mit Fremdmaterial in der Turbine der Reaktor bis Ende Juli 2022 repariert werden, bis Dezember 2022 im Testbetrieb laufen und anschließend den kommerziellen Betrieb aufnehmen.[47]
Am Montag, dem 22. August 2022 fiel die Leistung während des Probebetriebs aufgrund eines Turbinenausfalls auf Null. Am Sonntag darauf kündigte der Betreiber TVO an, dass der Probebetrieb mit einer Leistung von 60% fortgesetzt werde.[48]
Der Haushaltsausschuss der Französischen Nationalversammlung (Assemblée nationale) setzte 2011 einen Ausschuss ein, der sich mit den massiven Kostenüberschreitungen beschäftigt.[49]
Im Jahr 2004 leitete die Europäische Kommission (angestoßen von Greenpeace) eine Untersuchung ein, um zu prüfen, ob die Bürgschaft Frankreichs für das von einem Bankenkonsortium gewährte Darlehen von 570 Millionen Euro an den Stromerzeuger TVO (Teollisuuden Voima Oy) mit den Beihilfevorschriften des EG-Vertrags vereinbar ist. Die EU-Kommission untersuchte dabei auch, ob die Bürgschaft für das vom Areva/Siemens-Konsortium unterbreitete Angebot Einsparungen für TVO ermöglicht hat, so dass Areva/Siemens den Zuschlag für den Bau des neuen Kernkraftwerks erhielt. Der Fall wurde im September 2007 abgeschlossen, nachdem die Untersuchung zu dem Schluss kam, dass TVO die 570 Millionen Euro auch auf dem privaten Kapitalmarkt hätte aufbringen können. Ein Wettbewerbsvorteil sei durch die subventionierten Kredite nicht entstanden, weil solche auch in gleicher Weise bei den Angeboten der Wettbewerber von Areva/Siemens enthalten waren. Auch zu allen anderen Vorwürfen wurde kein Beweis gefunden.[50]
Sechs Anteilseigner der TVO tragen 25% der Kosten des Kernreaktors. Neben dem Exportkredit der französischen Regierung wurde ein Kredit eines Bankenkonsortiums, angeführt von der BayernLB, in Höhe von 1,95 Milliarden Euro zu einem Zinssatz von 2,6 Prozent Zinsen aufgenommen. Dafür wurden die BayernLB kritisiert sowie die bayerische Landesregierung, weil der Freistaat Bayern 75 Prozent der BayernLB besitzt.
Block 4
Am Standort Olkiluoto war ein vierter Block geplant, dessen Bau im Mai 2015 von Investor TVO abgesagt wurde. Als Grund hierfür wurden die starken Verzögerungen beim Bau von Olkiluoto 3 angeführt. Ein möglicher Bau in fernerer Zukunft wird hingegen nicht ausgeschlossen.[51] Die Leistung des Reaktors sollte zwischen 1000MW und 1800MW liegen. In Frage kamen unter anderem ein EPR oder ein KERENA (bis März 2009 als SWR 1000 bezeichnet) von Areva, ein Advanced Boiling Water Reactor von Westinghouse Nuclear, ein ESBWR von General Electric, ein APWR von Mitsubishi, ein koreanischer APR-1400 und ein russischer WWER-1200/491 (AES-2006). Ursprünglich war geplant, den Reaktor zwischen 2016 und 2018 in Betrieb zu nehmen, im Jahr 2012 wurde 2020 angestrebt.[52] Mitte 2014 beantragte der zukünftige Betreiber die Frist für eine Baugenehmigung in das Jahr 2020 zu verschieben. Der Betriebsbeginn war nun für die Mitte der 2020er Jahre geplant.[53][54] Die finnische Regierung lehnte im September 2014 die Fristverlängerung ab, da TVO nicht garantieren könne, dass der vierte Reaktor jemals fertiggestellt würde.[55]
Daten der Reaktorblöcke
Im Kernkraftwerk Olkiluoto befinden sich drei Reaktorblöcke:
Technical summary on the implementation of comprehensive risk and safety assessments of nuclear power plants in the European Union , Korrigendum vom 22. August 2013 zum Bericht vom 4. Oktober 2012, veröffentlicht auf
europa.eu(PDF), abgerufen am 25. Oktober 2018
Olkiluodon häiriötilanne – laitos on vakaassa tilassa. (Etwa: „Störung in Olkiluoto – die Anlage befindet sich in einem stabilen Zustand.“) Bericht der finnischen Strahlenschutzbehörde STUK vom 12. Dezember 2020, abgerufen am 10. Dezember 2020.
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